Drei Schautafeln zum Gefecht bei Gisikon
Seit dem 1. Mai 2022 ist der Rontaler Höhenweg um eine Attraktion reicher: Auf drei Stelltafeln wird die Geschichte des entscheidenden Bürgerkriegsgefecht bei Gisikon beschrieben. Sie ermöglichen einen spannenden Einblick und erinnern an die ausgelöste nationale Modernisierung, die von hier aus zum demokratischen Bundesstaat Schweiz geführt hat.
Inhalte:
Tafel 1: Gefecht bei Gisikon 1847
Tafel 2: Sonderbundstruppen und Tagsatzungstruppen
Tafel 3: Der Weg zum Bundesstaat
Tafel 1 – Gefecht bei Gisikon 1847
Von der Holzbrücke bei Gisikon fliesst die Reuss in nördliche Richtung. Von Dietwil, vom Nebel und Pulverdampf verdeckt, setzen die Tagsatzungstruppen (blau mit Schweizerfahne) unten über den Fluss. Von dort strömen sie hoch und stürmen schiessend gegen Honau (mit dem kleinen Kirchturm) und zur Gisikoner Brücke vor.
23. November 1847
Sonderbundstruppen (rot) hatten sich nach der Niederlage in Geltwil unweit des Klosterdorfs Muri und der Brückensprengung in Sins aus dem Oberfreiamt nach Gisikon zurückgezogen. Beim befestigten Flussübergang sollte mit kaum 3’500 Mann der Vorstoss der Tagsatzungstruppen (blau) nach Luzern verhindert werden. Diese setzten bei Nebel in Sins und bei Dietwil über die Reuss. Am 23. November 1847 griffen rund 16’000 Mann über Honau, mit Unterstützung von Dietwil her, an. 17 Tote und 141 Verletzte kostete dieses Gefecht zwischen den Eidgenossen. Der Weg nach Luzern war offen.
Ende 1845 schlossen sieben der 22 Kantone ein «Schutzverein», den sogenannten Sonderbund. Am 24. Oktober 1847 entschied eine Tagsatzungsmehrheit, die Einheit mit Gewalt wiederherzustellen. Appenzell und Neuenburg erklärten sich neutral. Freiburg kapitulierte als Erstes.
Dann marschierten die Tagsatzungstruppen von fünf Seiten gegen Luzern, das Zentrum des Sonderbunds. Nach der Kapitulation von Zug führte der Vorstoss das Reusstal (R) hoch zum entscheidenden Gefecht bei Gisikon. Am 24. November 1847 ergab sich Luzern kampflos. Bis am 28. November 1847 hatten alle Sonderbundskantone aufgegeben. Der Bürgerkrieg liess über 110 Tote und 300 Verwundete zurück.
Auf diesem Gelände, um die ehemalige Holzbrücke, die an der Stelle der heutigen Strassenbrücke stand, kämpften 1847 Eidgenossen gegen Eidgenossen. Hier wurde der Sonderbundskrieg entschieden, der 1848 zum Schweizer Bundesstaat führte.
Eine Frau versorgt mit Tranksame die Tagsatzungstruppen während des Gefechts bei Meierskappel. Dieses fand zeitgleich wie in Honau und Gisikon am 23. November 1847 statt. Auf Darstellungen dazu sieht man kaum Frauen. Wie politisiert waren die Frauen? Kochten sie für die Soldaten? Pflegten sie Verwundete? Flohen sie mit den Kindern und Alten? – Man weiss kaum etwas.
Siegerparade in Luzern vor dem Hotel Schweizerhof am 26. November 1847. Drei Tage zuvor hatten sich die Luzerner Regierung und der Sonderbündische Kriegsrat über den See in Richtung Uri abgesetzt.
Tafel 2 – Sonderbundstruppen und Tagsatzungstruppen
Etappen in den Bürgerkrieg
Seit 1830 polarisierten in der 22-örtigen Eidgenossenschaft zwei politische Konzepte: Die Liberalen wollten den Staatenbund von 1815 modernisieren, die Konservativen ihre Traditionen bewahren. Ab 1834 kam ein konfessioneller Disput dazu: Reformierte waren vorwiegend liberal, Katholiken meist konservativ. Dieser Streit kulminierte 1841 in der Klosteraufhebung im Aargau.
Die turbulenten 1840er-Jahre zeigten, wie beide Seiten sich radikalisierten: 1844 berief Luzern die Jesuiten. Dagegen marschierten 1844/45 gewalttätige Freischarenzüge. Ende 1845 gründeten die sieben Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug, Freiburg und Wallis eine Schutzvereinigung. Die eidgenössische Tagsatzung entschied im Sommer 1847, dieser «Sonderbund» sei aufzulösen, da er gegen den Bundesvertrag verstosse.
Sonderbundstruppen
Der ursprüngliche Bund von 1815 und damit die Selbständigkeit der Kantone sollte erhalten bleiben und die Souveränitätsrechte sollten nicht an einen Einheitsstaat abgeben werden. Seine Kampfverbände kamen auf kaum 30’000 Mann. Die zusätzlich 50’000 aufgebotenen Männer waren nur rudimentär ausgerüstet und höchstens eine defensive Kampfkraft. Der Bündner Ulrich von Salis-Soglio wurde ihr General. Als Strategie wollte man sich verteidigen und hoffte notfalls auf befreundete Grossmächte.
Tagsatzungstruppen
Da die sieben Orte ihr Sonderbündnis nicht auflösten, galt dies als Kriegserklärung. Die Tagsatzung wählte den Genfer Guillaume Henri Dufour zum Oberbefehlshaber der eidgenössischen Armee von rund 100’000 Mann. Er berief seine Kommandanten aufgrund ihrer militärischen Fähigkeit, nicht aufgrund der politischen Anschauung. Dieser überparteiliche Charakter sollte sich positiv auswirken. Strategisch ging Dufour offensiv vor: Zuerst isolierte er Freiburg, das rasch kapitulierte. Dann zielte er auf Luzern, das er von fünf Seiten her angreifen liess und eroberte. Am Schluss ergab sich auch das Wallis.
«Das Trauerspiel, in welchem mir eine schwere Rolle aufgezwungen worden war.» Johann Ulrich von Salis Soglio (1790–1874)
Der konservative Protestant stand als General den Sonderbundstruppen vor. Er war direkt in Kämpfe involviert und wurde an der Gisikonerbrücke verletzt. Zeitgleich liessen ihn der Kriegsrat des Sonderbunds und die Luzerner Regierung allein.
«Il faut sortir de cette lutte non seulement victorieux, mais sans reproche.» Guillaume Henri Dufour (1787–1875)
Der gemässigt liberale Protestant war General der siegreichen Tagsatzungstruppen. Als Ingenieur war er in Genf bekannt als Brücken-, Quai- und Palaisbauer. Als Kartograf europäisch berühmt wurde er durch die erste Schweizerkarte. Als Mitgründer des Internationalen Roten Kreuzes ist er weltweit in Erinnerung.
Der Auszug der Mönche und Nonnen aus den Aargauer Klöstern 1841, im Hintergrund das Kloster Muri. Die Benediktinermönche passierten Gisikon und zogen nach Sarnen.
«Jiz git’s Chrieg, u da wei mir de die Donnere ga bi de Chräge näh!» Der liberale Staat setzt Militär gegen die «sonderbündlerischen Pfaffen» ein, 30. Oktober 1847.
Ein Bürger und ein Bauer drücken einen Aristokraten und einen Mönch von der Bank. 1848 drängen Bürgerliche an die Macht; Adel und Klerus verlieren an Einfluss.
Tafel 3 – Der Weg zum Bundesstaat
Mit dem Bundesstaat zur Demokratie
Vor rund 175 Jahren fand hier der Sonderbundskrieg statt. Die eigentlichen Kämpfe dieses Bürgerkrieges dauerten kaum drei Wochen — vom 4. bis am 24. November 1847. Danach schufen die Sieger den Bundesstaat von 1848. Seither ist die Schweiz eine Demokratie.
Vorgeschichte – ein Hin und Her
Die alte 13-örtige Eidgenossenschaft war ein Staatenbund. In ihm galt die absolutistische Ordnung. Diese 300-jährige Ära endete 1798. Nun sollte «das Volk» die Macht erhalten. Der Souverän des Staates sollte aus freien und gleichen Bürgern bestehen. Im helvetischen Einheitsstaat scheiterte diese revolutionäre Umwälzung. Erst unter Napoléons föderalistischer «Mediation» begann sie zu funktionieren. Allerdings drängte der Wiener Kongress darauf, die Säkularisierung rückgängig zu machen.
Der Bundesvertrag von 1815 liess die 22 Kantone bestehen, liberale Ideen wurden aber unterdrückt, das alte Regime restauriert. 1830 erfasste eine neue Revolutionswelle Europa. In einzelnen Kantonen gewannen Liberale die Macht. Sie liessen Verfassungen erarbeiten und die Bürger darüber abstimmen. Die Konservativen sahen ihre Kirche und ihre Selbständigkeit durch die Freisinnigen bedrängt. Diese wollten einen Bundesstaat Schweiz. 1847 ging es weniger um den Glauben als darum, wie national, wirtschaftlich und demokratisch die Schweiz werden sollte.
Aufbau einer Republik
1848 musste der Schweizer Staat, der eine repräsentative Demokratie war, erst aufgebaut und vereinheitlicht werden. Im Bundesrat sassen nur liberale Sieger des Bürgerkrieges. Das Zweikammerparlament als «oberste Gewalt des Bundes» erlaubte etwas Föderalismus.
Bereits in den 1870er-Jahren stand eine Staatsrevision an. 1874 gab sich das Volk eine neue Bundesverfassung mit einem direkten Vetorecht (Referendum). Mit dem Initiativrecht von 1891 formte sich die heutige Schweiz, die eine halbdirekte Demokratie ist.
12. September 1848
Das offizielle Plakat verkündet allen, dass der Schweizer Bundesstaat, der aus 22 Kantonen sowie aus uniformierten und zivilen Männern besteht, seit dem 12. September 1848 eine Verfassung hat. Dieses Schriftstück – so die Zeichnung über dem detaillierten Text – hält Helvetia triumphierend in ihrer rechten Hand. Am höchsten stehend hält ein Eidgenosse über sie einen Lorbeerkranz. In seiner anderen Hand schwenkt er die offizielle Schweizerfahne. Alle werden unter himmlischem Schutz stehend dargestellt.
Rote Fahne mit Schweizerkreuz
Im Sonderbundskrieg 1847 kämpften die eidgenössischen Tagsatzungstruppen unter roten Fahnen, in deren weissem Kreuz der Name des aufbietenden Kantons stand. Zudem trugen die Soldaten eine rote Armbinde mit weissem Kreuz. Guillaume Henri Dufour hatte 1840 eine gesamtschweizerische Truppenfahne mit dem freischwebenden, weissen Schweizerkreuz im roten Feld geschaffen. Die neue Schweizerische Eidgenossenschaft übernahm diese Fahne als Schweizer Nationalflagge.
Nachweise & Literaturtipps
- Bossard-Borner Heidi, Im Spannungsfeld von Politik und Religion. Der Kanton Luzern 1831 bis 1875, Basel 2008.
- Church Clive H., Head Randolph C., Paradoxe Schweiz. Eine Aussensicht auf Ihre Geschichte, Zürich 2021.
- Fuhrer Hans Rudolf, Der Sonderbundskrieg 1847. Bürgerkrieg, Religionskrieg oder Bundesexekution?, in: Militärgeschichte zum Anfassen, Dokumentation, 2. Auflage 2003.
- Gernet Hilmar, Luzerns heiliger Krieg: eine historische Reportage zum Sonderbundskrieg 1847 und den Gefechten auf Luzerner Boden, Hitzkirch 1997.
- Holenstein Rolf, Stunde Null. Die Neuerfindung der Schweiz 1848. Die Privatprotokolle und Geheimberichte, Basel 2018.
- Kreis Georg, Der Weg zur Gegenwart. Die Schweiz im neunzehnten Jahrhundert, Basel, Boston 1986.
- Maissen Thomas, Geschichte der Schweiz, Baden 2009.
- Remak Joachim, Bruderzwist, nicht Brudermord: der Schweizer Sonderbundskrieg von 1847, Zürich 1997.